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Veranstaltungen

Wie wurde die EFAS-Abstimmung bei unserer Podiumsdiskussion diskutiert?

24. Oktober 2024

An der gemeinsamen Podiumsdiskussion des Institut Neumünster und der Paulus Akademie sprach sich Patrick Hässig, GLP-Nationalrat, für die EFAS-Reform aus und forderte Mut zu Veränderungen. Viviane Hösli, VPOD, warnte hingegen vor negativen Auswirkungen auf Tarife und Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege.

Die Podiumsdiskussion zur Efas-Vorlage im Rahmen unserer monatlichen Lunch & Learn-Veranstaltungen war sehr gut besucht. Mit der Reform zur einheitlichen Finanzierung der Leistungen sollen alle Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nach demselben Verteilschlüssel zwischen Krankenkassen und öffentlicher Hand finanziert werden – egal ob sie ambulant, stationär oder im Pflegeheim erbracht werden. So steht es auf der Webseite des Bundesamts für Gesundheit. Ziel der Veranstaltung war, dem Publikum Anregungen zur Meinungsbildung zu bieten. Dies scheint gut gelungen zu sein. Die Besucher:innen hörten genau zu und stellten am Schluss ihre Fragen. Wer vermochte zu überzeugen? Der Befürworter oder die Gegnerin? Beide brachten in der von Jean-Daniel Strub moderierten Diskussion ihre Argumente ins Spiel. 

Viviane Hösli machte darauf aufmerksam, dass überhaupt nicht klar sei, welche Aus- und Nebenwirkungen die Reform haben könnte, insbesondere im Bereich der Langzeitpflege. Bisher ist dort kantonal klar geregelt, wieviel die Krankenkassen und Betroffenen maximal zahlen müssen. Der Rest zahlt die öffentliche Hand. Bei einem neuen schweizweit einheitlichen Tarif, der ab 2032 zum Tragen kommen würde, sei zu befürchten, dass dieser zu tief ausfallen könnte und sich die Arbeitsbedingungen für das Pflegefachpersonal noch verschlechtern würden. Die Kantone hätten dann keine Möglichkeit mehr, die Tarifhöhe zu steuern. 

Patrik Hässig wiederum sieht in diesem neuen Tarif für die Langzeitpflege gerade die Chance, dass die Pflege endlich einen eigenen Tarif erhalte. Dieser könne durchaus höher ausfallen als jetzt, da er gemäss Reform kostendeckend sein müsse, aktuell aber nicht ist. Und für einen nicht kleinen Anteil an Pflegefachpersonen im Gesundheitswesen würden sich die Arbeitsbedingungen gar verbessern. Mehr ambulante Leistungen führten zu weniger Rand- und Nachtschichten. 

Zu reden gab auch das finanzielle Sparpotenzial der Reform. Eine Studie des Bundes rechnet mit einem Höchstbetrag von 440 Millionen pro Jahr und, im Minimum, bloss von einer schwarzen Null. Moderator Jean-Daniel Strub fragte die Podisumsgäste, ob sich angesichts dieses eher kleinen Sparpotenzials dieser Kraftakt lohne? Klar ja, meinte Patrick Hässig. Alles sei besser, als keine Einsparung. Viviane Hösli gewichtete die Unsicherheiten dieser Reform höher als die mögliche Kostenreduktion.  

Nicht wirklich einig waren sich die beiden Podiumsgäste darin, welche weiteren Folgen der Reform tatsächlich zum Tragen kämen. Dass etwa Doppelspurigkeiten in der medizinischen Versorgung damit verhindert werden könnten, wie Patrick Hässig der Meinung war, bezweifelt Viviane Hösli. Dies habe nichts mit EFAS, sondern mit der Digitalisierung zu tun. Auch die Frage nach den zu tiefen Tarifen im ambulanten Bereich sei mit EFAS nicht gelöst. Patrick Hässig wiederum zeigte sich wenig beeindruckt davon, dass die Krankenkassen an Macht gewinnen und Kantone und Spitäler an Steuerungshoheit verlieren könnten, wie von Viviane Hösli ins Feld geführt. 

Einig waren sich die beiden darin, dass eine weitere Ambulantisierung in der Schweiz gut und nötig wäre. Patrick Hässig sieht in der EFAS-Reform eine Chance, dass die Krankenkassen höhere Tarife in der ambulanten Versorgung nicht oder weniger verweigern würden, weil sie bei einem JA nicht mehr 100% der Kosten übernehmen müssten. Und sie hätten den Anreiz, mehr ambulante Angebote zu schaffen. Viviane Hösli hingegen findet, dass EFAS dazu nicht nötig ist, da die Kantone und der Bundesrat bereits heute regeln könnten, welche Behandlungen ambulant (und nicht mehr stationär) durchgeführt werden müssten. Sie glaubt zudem, dass es sich für die Krankenkassen nur an bestimmten – städtischen – Orten lohnen würde, neue Grundversorgungsangebote zu schaffen, die angesichts des Hausärzt:innenmangels dringend nötig wären. 

Immer wieder zeigte sich auch eine Haltungsfrage: Etwas Neues wagen, etwas bewegen, auch wenn die Auswirkungen nicht ganz klar sind, um es nicht beim unbefriedigenden Status Quo zu belassen? So wie damals, als man den Gotthardtunnel bohrte oder eine Eisenbahnline hoch zum Jungfraujoch baute? Oder sind die Unsicherheiten zu gross, um EFAS zu unterstützen und damit sogar einen Reformstau zu riskieren, der bei einem «Ja» drohen könnte, weil dann erst mal alle die Wirkung von EFAS würden abwarten wollen? 

Am 24. November ist Abstimmungssonntag.
 

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